TOXISCHE BEZIEHUNG

Ich wusste gar nicht, dass ich mal in einer toxischen Beziehung gesteckt habe. Ich dachte damals nur: So richtig schön fühlt sich das mit ihm irgendwie nicht an. Aber eine „toxische Beziehung“? Was soll denn das sein? Was ist das denn nur für ein Modewort? Sagt nämlich irgendwie grad jeder.

Ja, und zuerst mal habe ich mich gefragt, wie und ob eine Beziehung überhaupt giftig sein kann – und erinnerte mich schlagartig an Michael. Michael war, als ich ihn kennen lernte, ein super charmanter Typ. Beruf in den Medien, gut gekleidet, höflich. Er fragte mich total schüchtern und freundlich, ob wir demnächst mal was trinken gehen wollen. Natürlich willigte ich ein – so ein Typ will mich kennen lernen? Super! Und dann ging alles ganz schnell. Er machte mir Komplimente, er unterstützte mich im Alltag, wir machten Pläne, wir fuhren zusammen in den ersten Urlaub. Er fragte mich, ob wir zusammenziehen wollen. Es war ein Traum. Doch nach ein paar Monaten wurde es komisch. Er sagte mir, ich solle nicht so laut lachen. Er sagte mir, ich würde zu viel Sport machen. Er sagte, dass es komisch sei, dass ich so viele männliche Freunde hätte. Komischerweise habe ich noch gedacht, dass das durchaus berechtigte Kritikpunkte sein könnten.
Zu laut lachen? Ja, das könnte stimmen. Ich lache gern und viel und vielleicht auch mal zu laut. Könnte also durchaus andere nerven. Mein Sport? Naja, wenn er selbst keinen Sport macht, findet er Joggen, Yoga und Krafttraining wohl etwas zu viel. Wenn er mehr Zweisamkeit möchte, dann werde ich wohl auf etwas verzichten müssen. Und meine Kumpels? Also, naja, ich hatte schon immer total viele männliche Freunde, weil ich mit denen auch immer schon sehr gut reden konnte. Ist das unnormal? Sollte ich mehr Freundinnen haben? Ist er vielleicht eifersüchtig?

Der Arme! Und dann hörte ich auf, laut zu lachen. Und ließ meine Yoga-Stunden weg. Und traf mich nur noch ganz selten mit meinen Freunden; einige sah ich monatelang gar nicht. Doch an den Launen von Michael änderte das nichts. Wenn wir gemeinsam auf dem Sofa saßen, war es nicht nett. Wir unterhielten uns kaum. Zuhause war kein schöner Ort. Ich hatte ständig das Gefühl, etwas falsch zu machen. Ich hatte Angst, dass er sich jeden Moment trennen würde, wenn
ich nicht lieb und artig bin. Waren wir aber bei seinen Eltern oder mit Freunden unterwegs, war es immer super. Das tolle Paar! In den Augen der anderen waren wir einfach super schön und super toll. Mir ging es nicht gut. Ich wusste, dass diese Beziehung einfach nicht schön ist. Trotzdem hielt ich daran fest. Ich war einfach abhängig. Seelisch und vor allem auch finanziell. Ich schrieb gerade meine Abschlussarbeit, hatte keinen Aushilfsjob mehr, die Miete, das Essen – das hätte ich alleine nicht finanzieren können. Außerdem liebte ich ihn. So sehr sogar, dass ich nach einem heftigen Streit und einer Trennung auf Zeit noch gebettelt habe, dass er zu mir zurückkommt. Irre. Meine Lebensfreude war dahin. Meine Freunde fragten mich, warum ich nicht mehr lachen würde. Meine Yoga-Lehrerin fragte, ob alles in Ordnung wäre. Meine Kumpels fragten immer seltener nach, ob ich abends mal Zeit hätte. Und ich konnte mich kaum noch im Spiegel ansehen. Insgesamt waren wir vier Jahre zusammen. Die letzten Wochen der Beziehung waren hart, aber endlich eine Befreiung. Zu sehr machte mir die Situation zu schaffen. Ich wollte wieder ICH sein. Unser letztes Gespräch? Er: „Schön, dass du nochmal reden willst“ – Ich: „Ok, was wollen wir besprechen?“ Er: „Ich will schon mit dir zusammen bleiben.“ Ich: „Aber ich darf zum Yoga und mich mit meinen Freunden treffen?“ Er: „Was? Du willst dich nicht ändern?“ Ich: „Nein“. Und das war’s.

Fazit: Auch wenn ich es damals nicht gemerkt habe, als ich mitten drin gesteckt habe. Vom
heutigen Standpunkt aus betrachtet, kann ich mich selbst nicht verstehen. So etwas Verletzendes
und Gemeines sollte niemand erleben.

Erschienen auf rtl.de

Toxische Mischung

Wenn der Partner einem nicht mehr gut tut, sollte man konsequent sein, sagt Expertin Louisa
Noack. Denn wie heißt es so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Was ist eine toxische Beziehung?
Manipulation, Drohungen, Entwertungen. Wer in einer toxischen Beziehung ist, erlebt das Miteinander als belastend, einengend und – einfach nicht angenehm.
Die Zeit mit dem Partner raubt mehr Energie und tut mehr weh, als dass sie glücklich macht. Allein das sollte Ihnen zu denken geben und es reicht, um sich zu fragen, ob Sie das überhaupt wollen. Abgesehen davon, dass Lebenszeit kostbar ist, hat jemand in Ihrer Nähe, der Ihnen nicht gut tut, einfach nichts zu suchen. Aber das Problem ist, eine toxische Beziehung als solche zu erkennen und dann auch entsprechend die Konsequenzen zu ziehen; was bekanntlich vielen Menschen sehr schwer fällt. Den Schritt einer Trennung zu wagen, kann eine große Herausforderung sein und mit Konsequenzen verbunden sein.

Woher kommt der Begriff?
Toxisch bedeutet „giftig“ und ist eigentlich ein Begriff aus der Medizin. Im 17. Jahrhundert wurde es aus dem Lateinischen und Griechischen entlehnt und steht wörtlich für Gift. Seine Ursprung hat es im Begriff „toxon“, dass übersetzt Pfeil, Bogen oder Geschoss heißt. Schon die Wortherkunft zeigt uns, dass das geflügelte Modewort toxisch also ganz wörtlich zu nehmen ist. Giftige Pilze, giftige Tiere, giftige Pflanzen. Denn eine nicht funktionierende Beziehung; ein Leben, dass sich einfach nicht gut anfühlt, ist auf Dauer einfach Gift. Und psychischer Stress kann ernsthafte Konsequenzen haben: Magengeschwüre, Depressionen, Angstzustände.

Wie erkenne ich das?
Die Merkmale für eine toxische Beziehung sind eindeutig, jedoch nicht immer gleich am Anfang zu erkennen: Der neue Partner oder die neue Partnerin ist verliebt. Er oder sie hebt Sie in den Himmel. Sie sind wunderbar verliebt, alles geht schnell. Zu schnell. Sie können Ihr Glück kaum fassen, alles ist wunderbar. Das nennt man auch „Lovebombing“ , also das Überschütten mit Liebe. Dieses Verhalten soll Sie natürlich anlocken und binden. So ein toller Kerl / so eine tolle
Frau – das dürfen Sie sich nicht entgehen lassen. Doch schon kurze Zeit später kippt die Stimmung, nichts ist mehr, wie es war: Der Partner / die Partnerin zeigt sein oder ihr wahres Gesicht. Sie werden entwertet, kritisiert und herabgewürdigt. Sie werden manipuliert und der Partner / die Partnerin verdreht alle Tatsachen. Das Fachwort heißt „Gaslighting“ – und Sie wissen irgendwann nicht mehr, was falsch ist und was richtig. Damit versucht Ihr Gegenüber, Macht, Dominanz und Kontrolle auszuüben. Denn laut Studien handelt es sich bei diesem Verhalten zum Großteil um Männer – und meistens um Narzissten.

Warum lassen wir uns darauf ein?

Aber Achtung: Nicht jeder ist ein Narzisst! Auch Narzissmus ist gerade ein Modewort. Nicht jeder, der auf sich achtet, ein sehr gesundes Selbstwertgefühl hat und in einer Machtposition ist, ist ein böser Narzisst. Er oder sie hat vielleicht eine narzisstische Akzentuierung oder narzisstische Züge. Der pathologische Narzissmus als Persönlichkeitsstörung ist eine echte Krankheit! Nichtsdestotrotz ist ein Zusammenleben mit dem Gegenüber irgendwann unerträglich. Als Opfer steckt man allerdings in einer emotionalen Abhängigkeit. Trotz der Demütigungen können sich die Opfer nicht trennen. Zu hoch sind die inneren Hürden. Vielleicht nicht nur seelisch sondern auch finanziell. Der Schritt zur Trennung ist zu schwer. Dann erträgt man lieber die Demütigungen.
Was hinzukommt: Die Scham vor Freunden und Familie, sich den Fehler einer gescheiterten Beziehung einzugestehen und vielleicht um Hilfe zu bitten.

Das ist den Deutschen schon passiert!
Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Statista-Umfrage waren ein Drittel aller Männer und Frauen schon einmal in einer toxischen Beziehung, weitere 25 Prozent kennen jemanden, der das bereits durchgemacht hat. Und was sehen die Befragten einer Innofact-Statistik als die Merkmale einer toxischen Beziehung an? Die Beziehung raube einem die Energie; der Partner/die Partnerin versucht, zu manipulieren, der Partner / die Partnerin behandelt das Gegenüber herabwürdigend und rücksichtslos. Es gibt starke Stimmungsschwankungen, grundlose Anklagen, Eifersucht und Lügen.

Konkrete Anzeichen:
Woran erkenne ich also ganz kronkret, ob ich in einer toxische Beziehung stecke? Es gibt ein paar klare Merkmale oder zumindest Hinweise dafür:

Am Anfang steht das „Lovebombing“ – Du wirst überschüttet mit Liebe.

Alles geht schnell – zu schnell. Es ist schön, aber eigentlich zu schnell.

Die Beziehung ist immer entweder ein Hoch oder ein Tief. Es gibt kein „normal“.

Ihr Partner / Ihre Partnerin kritisiert Sie ständig. Und sie sind immer an allem schuld.

„Gaslighting“ – Der Partner/ Die Partnerin verdreht die Tatsachen. Du weißt nicht mehr, was
wahr oder falsch ist.

Du wirst kontrolliert und Deine Grenzen werden überschritten. Du darfst keine eigene Hobbys
haben oder eigene Entscheidungen treffen.

Du isolierst sich von Ihren Freunden und Ihrer Familie und fühlst Dich gleichzeitig abhängig
von Deinem Partner / Deiner Partnerin.

Was kann ich tun?
Wenn Dir die oben genannten Merkmale bekannt vor kommen, ist es schon mal gut, dass DU feststellst, in welcher Lage Du Dich befindest. Jetzt heißt es: Raus aus der toxischen Falle! Auch wenn es schwerfällt, solltest Duzuerst wieder zu sich selbst finden. Sich Zeit allein einräumen, ganz bewusst wieder eigenen Hobbys nachgehen und vor allem Freunde treffen. Und machen Dir keine Sorgen: in den allermeisten Fällen ist niemand sauer auf Dich. Es muss Dir auch nicht
peinlich sein, Dich in etwas verrannt zu haben. Schließlich war es gerade zu Beginn der Beziehung ja Mr. oder Mrs. Perfect, der oder die Dir die Sterne vom Himmel geholt hat. Wer konnte das ahnen!?
Dann schau ganz sachlich: Lohnt es sich, diese Strapazen weiter auf sich zu nehmen?
Macheine Pro-Contra-Liste! Und wenn Du feststellst, dass die Beziehung einfach nicht schön ist, sei mutig. Auch eine finanzielle Abhängigkeit lässt sich mit Freunden und Familie durchaus lösen. Und für die Seele gibt es therapeutische Hilfe, starke Schultern zum Anlehnen
oder Schokolade. Liebeskummer lohnt sich nicht, my Darling!

Haben Sie auch ein Thema, mit dem sich Expertin Louisa Noack näher beschäftigen soll?
Haben Sie eine Vorliebe, einen Fetisch, über den Sie mit ihr sprechen wollen? Oder eine
Liebes- oder Herzschmerzgeschichte, eine Anekdote, ein sexuelles Erlebnis, das Sie teilen möchten?

Oder vielleicht nur eine Frage, die Du stellen möchtest? Dann
melde Dich.


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